Forschungsdaten-Policy
Grundsätze
Das Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) betreibt sozialwissenschaftliche Grundlagenforschung zu Osteuropa. Als unabhängiges, internationales, öffentlich finanziertes Forschungsinstitut setzt es sich für den freien Zugang zu Forschungsdaten als Grundlage wissenschaftlichen Arbeitens ein.
Die Forschung am ZOiS ist multi- und interdisziplinär angelegt, da eine Analyse der vielschichtigen Entwicklungen in Osteuropa nur durch eine multiperspektivische Herangehensweise gelingen kann. Deshalb versteht sich das ZOiS als Forschungsstätte für Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen, wie Politikwissenschaft, Soziologie, Sozialanthropologie, Wirtschafts- und Sozialgeographie, Politische Ökonomie, Theologie sowie Rechts- und Kulturwissenschaften. Vor diesem Hintergrund erkennt das ZOiS die Vielfalt von qualitativen und quantitativen Forschungsdaten sowie ihre disziplinspezifische Aufbereitung an.
Im Einklang mit den Leitlinien zur Sicherung Guter Wissenschaftlicher Praxis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sieht das ZOiS im verantwortungsvollen, transparenten und wissenschaftsgeleiteten Umgang mit Forschungsdaten einen wesentlichen Beitrag zur Gewinnung und Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Der digitale Wandel stellt wachsende Anforderungen an Wissenschaftler*innen und wissenschaftsunterstützende Arbeitsbereiche des ZOiS im Umgang mit Forschungsdaten. Diese Forschungsdaten-Policy gibt den Mitarbeiter*innen des ZOiS eine Orientierung für eine nachhaltige und qualitätsgesicherte Erstellung, Verarbeitung, Analyse, Archivierung, Veröffentlichung und Nachnutzung von Forschungsdaten.
Definitionen
Der Begriff Wissenschaftler*innen umfasst alle Forschenden am ZOiS. Dazu zählen auch Gastwissenschaftler*innen oder Kooperationspartner*innen, sofern sie mit dem ZOiS in Verbindung stehen und dessen Infrastruktur für Forschungszwecke nutzen.
Forschungsdaten sind alle digital vorliegenden Daten, die während eines Forschungsprozesses entstehen oder ihr Ergebnis sind. Der Forschungsprozess umfasst dabei den gesamten Zyklus von der Generierung, über die Bearbeitung und Analyse bis hin zur ihrer Veröffentlichung und Archivierung von Forschungsdaten. Digitale Forschungsdaten entstehen in allen Wissenschaftsdisziplinen und unter Anwendung verschiedener Methoden, abhängig von der Forschungsfrage. Dies hat zur Folge, dass sie in unterschiedlichen Medientypen, Aggregationsstufen und Datenformaten auftreten.[1]
Das Management von Forschungsdaten umfasst alle Maßnahmen, die eine gute wissenschaftliche Praxis im Datenlebenszyklus gewährleisten. Dazu zählen Planung, Erfassung, Verarbeitung und Archvierung. Das Forschungsdatenmanagement sichert den Zugang, die Nachnutzung, Reproduzierbarkeit und Qualitätssicherung aller Forschungsdaten, die wissenschaftlichen Ergebnissen zugrunde liegen.
Geltungsbereich
Diese Forschungsdaten-Policy bezieht sich auf den Umgang mit Forschungsdaten, die im Rahmen einer Tätigkeit am ZOiS generiert werden. Sie gilt verbindlich für alle Wissenschaftler*innen und wissenschaftsunterstützende Arbeitsbereiche des ZOiS.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die Forschungsdaten-Policy steht im Einklang mit den „Regeln zur Sicherung Guter Wissenschaftlicher Praxis am ZOiS“.
Rechtlich verbindliche Regelungen zum Umgang mit Forschungsdaten bleiben unberührt und gehen dieser Policy vor. Beispiele für gesetzliche Regelungen, aus denen sich Rechte und Pflichten in Bezug auf Forschungsdaten ergeben, sind Grundrechte, insbesondere das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Datenschutzrechts, das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte.
Weitere verbindliche Regelungen können sich aus Vereinbarungen, zum Beispiel in Förder-, Kooperations- und Lizenzverträgen ergeben. Insbesondere sind die Anforderungen der Fördermittelgebenden an Management, Veröffentlichung und Archivierung von Forschungsdaten einzuhalten.
Den Grundsätzen dieser Forschungsdaten-Policy widersprechende Beschränkungen der Offenheit und Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten durch Verträge und andere Vereinbarungen sind zu vermeiden.
Das ZOiS hat das Eigentum an den im Rahmen seiner Forschung gewonnenen Forschungsdaten. Es akzeptiert zugleich das Interesse der Wissenschaftler*innen an einer Erstverwertung der von ihnen erarbeiteten Forschungsdaten.
Umgang mit Forschungsdaten
Die Forschungsdaten sollten gemäß den FAIR-Prinzipien[2] identifizierbar, auffindbar, verfügbar, nachnutzbar und interoperabel aufbewahrt und möglichst unter CC0- oder CC BY-Lizenzen veröffentlicht werden.
Das ZOiS folgt den forschungsethischen Empfehlungen des Rats für Sozial- und Wirtschaftsdaten[3] (RatSWD). Forschungsdaten berücksichtigen Gender- und Diversitätsaspekte. Die Erhebung personenbezogener Daten ist nur mit vorheriger Einwilligung der betroffenen Personen möglich. Zudem sind die Daten entsprechend der gängigen Forschungsstandards zu anonymisieren, hilfsweise zu pseudonymisieren.
Die Integrität der Forschungsdaten ist in jedem Arbeitsschritt zu gewährleisten. Hierfür sind eine qualitätsgesicherte Dokumentation und entsprechende Bearbeitungsmethoden nach aktuellen disziplinspezifischen Standards unverzichtbar. Vor Beginn eines Forschungsvorhabens ist ein Datenmanagementplan anzulegen. Für das Format der Daten sind bevorzugt freie Standardformate zu wählen, um die Interoperabilität zu erleichtern und eine langfristige Lesbarkeit zu gewährleisten. Die Daten sind auf dem dafür vorgesehenen Laufwerk für Forschungsdaten sicher zu speichern, gemäß etablierter Regelungen bzw. Standards aufzubereiten und der gesamte Forschungszyklus sowie die verwendeten Werkzeuge und Verfahren sind zu dokumentieren.
Das ZOiS erkennt die Aufbereitung von Forschungsdaten als wissenschaftliche Leistungen an und behandelt zitierbar zugänglich gemachte Forschungsdaten bei der Bewertung von Forschungsleistungen wie eine wissenschaftliche Textpublikation. Forschungsdaten anderer Personen sind angemessen zitieren.
Forschungsdaten, die eine wesentliche Grundlage veröffentlichter Erkenntnisse bilden bzw. ein hohes Nachnutzungspotenzial bergen, sollten zeitnah öffentlich und frei zugänglich gemacht und in geeigneter Weise mit der Textpublikation verknüpft werden.
Die Archivierung der Forschungsdaten erfolgt in anerkannten nationalen oder internationalen Repositorien nach fachspezifischen Standards und unter Verwendung persistenter Identifikatoren.
Die Aufbewahrungsfrist für Forschungsdaten und Aufzeichnungen beträgt mindestens zehn Jahre ab Datum der Veröffentlichung der Forschungsdaten, der Forschungsergebnisse bzw. nach Abschluss der jeweiligen Forschungstätigkeit. Abweichungen können sich aus gesetzlichen oder vertraglichen Vorschriften, wie etwa Vorgaben von Drittmittelgebern, ergeben.
Die Löschung von Forschungsdaten stellt eine Ausnahme dar. Für den Fall, dass Forschungsdaten gelöscht werden müssen, werden diese Maßnahmen nach Ablauf der geforderten Archivdauer und unter Berücksichtigung aller rechtlichen sowie ethischen Aspekte durchgeführt. Die Wissenschaftler*innen sind verantwortlich für die Auswahl und Durchführung der Löschung in einem Repositorium. Löschvorgänge sind von den Wissenschaftler*innen auf dem dafür vorgesehenen Laufwerk für Forschungsdaten zu dokumentieren.
Verantwortlichkeiten
Der Umgang mit Forschungsdaten liegt unter Beachtung dieser Forschungsdaten-Policy, der Regeln der Guten Wissenschaftlichen Praxis sowie der disziplinspezifischen Leitlinien der DFG-Fachkollegien und der Fachgesellschaften in der Verantwortung der Wissenschaftler*innen.
Die Forschungsschwerpunktleiter*innen und Projektleiter*innen tragen gemeinsam die Verantwortung für die Dokumentation der in ihrem Forschungsschwerpunkt bzw. Projekt generierten Forschungsdaten. Das Halbjahresgepräch zwischen FSP-Leiter*innen und Wissenschaftler*innen dient zum regelmäßigen Austausch über den Umgang mit Forschungsdaten.
Das ZOiS verpflichtet sich, die institutionellen und technischen Voraussetzungen für die Umsetzung der Forschungsdaten-Policy zu schaffen.
Das ZOiS verpflichtet sich, seine Mitarbeiter*innen für das Thema zu sensibilisieren, fortzubilden und zu unterstützen. Dafür werden ein Schulungs- und Beratungsangebot aufgebaut und Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Forschungsdaten erstellt.
Diese Forschungsdaten-Policy wird gemeinsam mit den „Regeln zur Sicherung Guter Wissenschaftlicher Praxis am ZOiS“ der DFG zur Prüfung vorgelegt und spätestens 2026 durch das ZOiS evaluiert.
Berlin, 31.03.2022
[1] Maxi Kindling, Peter Schirmbacher, Die digitale Forschungswelt“ als Gegenstand der Forschung, in: Information. Wissenschaft & Praxis 2013, Bd. 64 (2-3), S. 137-148, hier S. 130.
[2] Wilkinson, Mark D. et al., The FAIR Guiding Principles for scientific data management and stewardship, Scientific Data 3, 2016. doi:10.1038/sdata.2016.18
[3] RatSWD (Hrsg.), Forschungsethische Grundsätze und Prüfverfahren in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, RatSWD Output Paper 9 (5), 2017.