Expert*innenstimme

Krieg gegen die Ukraine: Bevorstehende Friedensverhandlungen

Von Gwendolyn Sasse 14.02.2025

Nach Gesprächen mit US-Präsident Donald Trump hat der russische Präsident Putin der Aufnahme von Friedensverhandlungen zugestimmt. Signale der US-Regierung schwächen die Position der Ukraine schon im Vorfeld. Wir fragen ZOiS-Direktorin Gwendolyn Sasse, wie die Ukraine und europäische Partner reagieren.

Putin hat gegenüber Trump zugesagt, in Verhandlungen eintreten zu wollen. Wie reagiert die Ukraine?

In ihrer strategischen Kommunikation versucht die ukrainische Regierung, weiterhin optimistisch zu klingen. Auch an die eigene Bevölkerung gewandt, formuliert Selenskyj weiterhin die Hoffnung, dass mit Trumps Entschlossenheit ein Frieden möglich sei. Diese Hoffnung spiegelte sich zuletzt auch in Meinungsumfragen in der Ukraine, in denen eine Mehrheit Trumps Präsidentschaft positiv gegenüberstand und sich von ihm ein Momentum erwartete, ohne jedoch territoriale Verluste anzuerkennen. Selenskyj kommuniziert dieses ambivalente Stimmungsbild, indem er betont, dass die Ukraine aktiv mitverhandeln müsse und belastbare Sicherheitsgarantien brauche. Für beides fehlt bisher eine Grundlage.

Wie sind die jüngsten Aussagen der neuen US-Regierung in der Ukraine wahrgenommen worden?

Die klare US-Ansage, dass die Ukraine kein NATO-Mitglied werden könne, sich mit dem Verlust von Territorien zufriedengeben müsse und nicht auf eine amerikanische Beteiligung an aktiver Friedenssicherung vor Ort hoffen kann, aber auch die Eile, mit der Trump auf direkte Verhandlungen mit Putin drängt, ohne die Rolle der Ukraine bei diesen Verhandlungen klar zu benennen, verbinden sich zu einem in der Ukraine gefürchteten Szenario. Noch dazu scheint sich das Restinteresse Trumps an der Ukraine nur darüber behelfsmäßig absichern zu lassen, dass den USA Zugang zu Bodenschätzen versprochen wird.

EU-Staatsoberhäupter sind besorgt, dass die Ukraine bei Verhandlungen an die Seite gedrängt wird. Wie kann die EU reagieren?

Monatelang verharrte Europa in einer Schockstarre und wartete darauf, dass Trump seine Ankündigung über einen schnellen Deal mit Putin wahrmacht. Nun scheinen die Regierungen in Europa, die EU und die NATO dennoch erstaunt, dass es so gekommen ist. Sie fordern eine Rolle für Europa am Verhandlungstisch, haben aber weder Einigkeit noch konkrete Pläne anzubieten. Das Fundament transatlantischer Gewissheiten trägt nicht mehr. Der EU und der NATO steht nun ihr größter Stresstest bevor. Sie sind darauf nicht gut vorbereitet und werden sich im Zuge der Ereignisse notgedrungen selbst verändern. Je schneller wenigstens einige Regierungen aus den Reihen der EU und NATO mit konkreten Vorschlägen für einen abgesicherten Frieden vorangehen, umso größer die Aussichten, dass die beiden Institutionen in Washington nicht nur als Instrument für die Umsetzung eines bilateralen Abkommens mit Moskau gesehen werden.

Expertin

Wissenschaftliche Direktorin
Einstein-Professorin für Vergleichende Demokratie- und Autoritarismusforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin