Akademische Isolation: Hochschulbildung in Europas De-facto-Staaten
Zusammenarbeit mit Hochschulen in nicht anerkannten Gebieten wie Abchasien, Transnistrien und Nordzypern hilft den Gesellschaften vor Ort, kann aber auch die Bemühungen zur Konfliktlösung unterstützen. Ein neuer ZOiS Report untersucht Probleme und Möglichkeiten.
Die Hochschulen in Abchasien, Transnistrien und Nordzypern haben begrenzte Möglichkeiten, am internationalen akademischen Austausch teilzunehmen, und sind damit Leidtragende der Konflikte um die jeweiligen Gebiete.
In Abchasien und Transnistrien, sind die Hochschulen unterfinanziert, ringen mit den Hinterlassenschaften sowjetischer Strukturen und passen sich nur langsam an internationale Entwicklungen an. Das hat eine gemischte Qualität der Ausbildung und die Abwanderung Hochqualifizierter zur Folge. In Nordzypern hat die Isolation zu einer Kommerzialisierung des Hochschulwesens geführt, mit einigen wenigen Erfolgsgeschichten, aber auch vielen Beispielen sogenannter „Titelmühlen“, die ohne qualifizierte Ausbildung akademische Grade verleihen. „In allen drei Fällen, sind die Hochschulen vom Austauschprogramm Erasmus+ der Europäischen Union weitgehend ausgeschlossen, so dass Lehrenden und Studierenden Gelegenheiten zu internationaler Kooperationen fehlen“, so Thomas de Waal und Sabine von Löwis, die die Studie verfasst haben.
Während sich die Hochschulbildung in den letzten 30 Jahren zunehmend internationalisiert hat, bleiben die Systeme der Harmonisierung und Qualitätssicherung an nationalstaatliche Bildungssysteme gekoppelt, so dass Abschlüsse von Hochschulen aus De-facto-Staaten im Allgemeinen keine Anerkennung erhalten. „Internationale Akteure sollten der Hochschulbildung und dem Kontakt zwischen Hochschulen eine höhere Priorität einräumen, besonders in den offiziellen Konfliktlösungsinitiativen der EU, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der UN“, argumentieren de Waal und von Löwis. Vor allem sollte ein internationaler Dialog mit den Konfliktparteien darüber begonnen werden, wie die Hochschulen in den De-facto-Staaten am Erasmus+ Programm teilnehmen können.
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Thomas de Waal ist Senior Fellow bei Carnegie Europe und Experte für Osteuropa und den Kaukasus.
Sabine von Löwis ist Sozialgeographin und koordiniert am ZOiS den Forschungsschwerpunkt „Konfliktdynamiken und Grenzregionen“.