Freihandel mit der EU steigert Exporte in Moldau und Georgien, kommt jedoch auch Oligarchen zugute
Der Freihandel mit der EU hat den östlichen Partnerländern Moldau und Georgien geholfen, mehr zu exportieren. Doch während er in manchen Sektoren einer Vielfalt von Wirtschaftsakteuren zugutekam, darunter auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, profitierten in anderen ausschließlich große, ausländische Firmen oder sogar Oligarchen, wie ein neuer ZOiS Report aufzeigt.
Welche Wirtschaftsakteure haben wirklich vom Freihandel mit der EU profitiert? Das hat ein Team von Wissenschaftler*innen aus dem ZOiS, der Justus-Liebig-Universität Gießen und Expert-Grup sowie des Economic Policy Research Center (EPRC) untersucht. Sie analysierten dazu die Eigentümerstrukturen in den wichtigsten Exportsektoren von Moldau und Georgien. Ihre Ergebnisse liegen jetzt in einem neuen ZOiS Report vor.
„Der Freihandel hat gewiss dazu beigetragen, engere Handelsbeziehungen zwischen der EU und den zwei östlichen Partnern zu knüpfen“, stellen die Autor*innen fest, „aber ein genauerer Blick zeigt, dass es auch unbeabsichtigte, negative Effekte gibt.“
Die Handelsliberalisierung mit der EU trägt (in unbeabsichtigter Weise) in beiden Ländern zur Stärkung von sogenannten rent-seeking coalitions bei, in denen wirtschaftliche Akteure ihre Ressourcen einsetzen, um sich durch die Beeinflussung staatlichen Handelns eine für sie günstigere Verteilungssituation zu verschaffen, in Moldau jedoch in geringerem Maß als in Georgien. In Georgien trägt der Freihandel überwiegend dazu bei, oligarchische Strukturen aufrechtzuerhalten: Mehr als 60% der Exporte in die EU kamen 2020 aus Sektoren, die von rent-seeking coalitions dominiert waren, wie dem Mineralstoff- und Metallsektor. In Moldau kamen nur 31% der Exporte in die EU aus Sektoren, in denen marktführende Unternehmen eng mit oligarchischen Netzwerken verflochten sind und sich daraus Vorteile verschaffen.
„EU-Programme sollten daher vorrangig die Entstehung von Entwicklungskoalitionen zwischen Firmen, Beratungsagenturen, Forschungsinstituten und Regulierungsbehörden in solchen Sektoren fördern, wo Firmen ohne Verbindung zu oligarchischen Netzwerken stark am Markt vertreten sind, beispielsweise in der moldauischen und georgischen Textilindustrie und Weinproduktion“, lautet eine der Empfehlungen der Wissenschaftler*innen. So könnten Unternehmen in diesen Sektoren mit dem nötigen Know-How ausgestattet werden, um ihre Nische in europäischen Wertschöpfungsketten zu finden.
Mit ihrer neuen Politik der Östlichen Partnerschaft (ÖP) nach 2020 zielt die EU darauf ab, inklusives Wachstum zu schaffen, das einer großen Bandbreite von Wirtschaftsakteuren in den Partnerländern zugutekommt. Eines der Werkzeuge dafür ist der Freihandel. Indem nicht-tarifäre Handelsschranken aufgehoben werden, versucht die EU die Exporte aus den Partnerländern zu steigern. Davon sollen lokale Wirtschaftsakteure, darunter auch kleine und mittelständische Unternehmen, profitieren.