Religiöse Minderheiten in Georgien ringen um Anerkennung
Georgiens Orthodoxe Kirche gilt als eine privilegierte Religionsgemeinschaft und als ein starker politischer Akteur innerhalb des Landes. Dagegen werden andere religiöse Gruppen von staatlichen Institutionen und Stadtverwaltungen oft ins Abseits gedrängt, so ein neuer ZOiS-Report, der auf eigenen Erhebungen in Batumi, der Hauptstadt der autonomen Republik Adjara, basiert.
Ein neuer ZOiS Report untersucht, wie Georgien mit seiner wachsenden religiösen Vielfalt umgeht – auf staatlicher wie auf lokaler Ebene. Die Autorin, ZOiS-Sozialanthropologin Tsypylma Darieva, erforschte dafür unter anderem die gelebte religiöse Vielfalt in Batumi, der Hauptstadt der autonomen Republik Adjara an der Grenze zur Türkei.
Die Georgische Orthodoxe Kirche bleibt ein zentrales Symbol der nationalen und kulturellen Identität. Gleichzeitig ist Georgien eine multireligiöse Gesellschaft: Mehr als 12 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Islam und 3 Prozent gehören zur Armenischen Apostolischen Kirche.
Dominanz der Orthodoxen Kirche
Auf nationaler Ebene genießt Georgiens Orthodoxe Kirche einen privilegierten rechtlichen Status. Eine Fülle von widersprüchlichen Bestimmungen prägen die gegenwärtigen Beziehungen zwischen den religiösen Gruppen in Georgien. Eine Erweiterung von gesetzlichen Bestimmungen hat den Status nicht-orthodoxer religiöser Gruppen zwar verbessert, dennoch gibt es weiterhin eine Ungleichbehandlung in Fragen zum Baurecht und zur Finanzierung.
„Die Staatliche Agentur für religiöse Angelegenheiten etwa, verhängt eher Einschränkungen für kleinere religiöse Organisationen, als dass sie sich auf den Schutz von Minderheiten konzentriert oder pluralistische Einstellungen fördert,“ so Darieva.
Umkämpfte Räume in der Stadt
Konflikthafte Aushandlungsprozesse werden auch auf städtischer Ebene reguliert, insbesondere die Nutzung religiöser Stätten und öffentliche religiöse Praktiken. Die Forschung zeigt, dass es nur begrenzte Möglichkeiten für eine sichtbare religiöse Vielfalt im urbanen Raum gibt, der von der Georgischen Orthodoxen Kirche dominiert wird.
Angesichts der Vorrangstellung der Orthodoxen Kirche stehen die religiösen Minderheiten im Wettbewerb um Status und Anerkennung. Dies kann unterschiedliche Formen annehmen: Konflikthafte Aushandlungsprozesse um religiöse Stätten können latent und weniger sichtbar sein oder auch in offene Konfrontation umschlagen.
„Religiöse Minderheiten fordern, dass ihre Rechte anerkannt werden. Dies systematisch zu ignorieren, schafft eine Lücke zwischen der nationalen Toleranzpolitik und den Bottom-up-Praktiken, die das Konfliktpotential in der Region steigern können“, schließt Tsypylma Darieva.
Die Hauptergebnisse des Reports beziehen sich auf den spezifischen Kontext von Adjara, doch sie können auch für andere Regionen des multi-religiösen Georgiens relevant sein, die durch postsozialistische Unsicherheit, Globalisierung und interethnische Spannungen geprägt sind.