Ukraine: Stimmung in Krisenzeiten
Der ZOiS-Report beruht auf den Daten, die das Kyiv International Institute of Sociology (KIIS) für das ZOiS im Rahmen seiner ukraineweiten Umfragen erhoben hat. Das KIIS hat dafür im Mai und Juni 2017 und 2018 mehr als 2000 Menschen in der Ukraine befragt (ohne die Krim und die Gebiete des Donbass, die nicht unter Kontrolle der ukrainischen Regierung stehen).
Die Fragen bezogen sich auf die ukrainische Identität, den Krieg im Donbass und die individuellen Beziehungen nach Russland bzw. in die EU.
Ukrainische Identität und Muttersprache
‚Ukrainische*r Staatsbürger*in‘ und ‚ethnische*r Ukrainer*in‘ sind die wichtigsten Identitäten in der Ukraine. Im Jahr 2018 identifizierten sich mehr Menschen mit dem ukrainischen Staat als noch 2017.
Eine Mehrheit in der Ukraine betrachtetet Ukrainisch als ihre Muttersprache, im Jahr 2018 waren das 60% der Befragten. Dagegen stieg der Anteil derer, die Russisch als ihre Muttersprache bezeichnen, im Jahr 2018 gegenüber 2017 leicht an.
Minsk-Abkommen und Sonderstatus
Welchen Status wünscht sich die ukrainische Bevölkerung fast fünf Jahre nach dem Beginn des Krieges für die nicht regierungskontrollierten Gebiete in der Ostukraine? Die Mehrheit der Ukrainer*innen lehnt einen Sonderstatus für diese Gebiete weiterhin ab und gibt an, dass sie den gleichen Status haben sollten wie zuvor: als Teile der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk. Dennoch ist die Bereitschaft, eine Form von Autonomiestatus in Betracht zu ziehen seit 2017 insgesamt etwas gewachsen.
Zum Abkommen von Minsk gibt es unter den Befragten sehr unterschiedliche Einschätzungen. Eine statistisch signifikante Veränderung hat es zwischen 2017 und 2018 nur bei einer Aussage gegeben: Dass ein internationales Verhandlungsformat nötig ist, das die USA einbezieht, glauben nun weniger Menschen als noch 2017.
UN-Mandat für den Donbass
Einer 2018 hinzugefügte Frage nach einer UN-Mission mit einem Mandat für die Gesamtheit der nicht regierungskontrollierten Gebiete stimmten die Befragten in der Mehrheit zu bzw. eher zu, während nur 20% eine solche Friedensmission ablehnen oder eher ablehnen. Hier zeigen sich regionale Unterschiede: Befragte in der Ostukraine stimmten mit 80% weniger Wahrscheinlichkeit einer solchen UN-Mission zu. Möglicherweise deutet dies darauf hin, dass die Bevölkerung in der Nähe der Frontlinie aufgrund einer generellen Enttäuschung neuerlichen internationalen Initiativen skeptischer gegenübersteht. „Die Umfrageergebnisse unterstreichen, dass es dringend notwendig ist, dass ukrainische, russische und internationale Akteure die Diskussion zu einer solchen umfassenden UN-Mission innerhalb des existierenden Verhandlungsrahmens vorantreiben“, betont Gwendolyn Sasse.
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