Osteuropa bei uns: Transnationale Verflechtungen osteuropäischer Migrant*innen in Berlin
Osteuropa bei uns: Transnationale Verflechtungen osteuropäischer Migrant*innen in Berlin
Aus diesem Projekt ging das Projekt Postsowjetische Migrant*innen in Deutschland und transnationale Social-Media-Öffentlichkeiten hervor.
Projektbeschreibung
Ausgangspunkt für dieses Projekt sind drei aktuelle Entwicklungen in der deutschen und europäischen Tagespolitik:
- Das außen- und innenpolitische Echo auf die vermeintliche Vergewaltigung einer Russlanddeutschen, das die Aufmerksamkeit auf eine in sich heterogene und selten beachtete, zahlenmäßig und politisch signifikante Gruppe von Migrant*innen und Spätaussiedler*innen, ihre gelebte Transnationalität zwischen Deutschland und Russland sowie ihre Relevanz für das russische Regime lenkte.
- Das Brexit-Referendum in Großbritannien, das aufzeigte, wie bestimmte politische Konstellationen eine politische, mediale und gesellschaftliche Mobilisierung gegen eine Gruppe von Immigrant*innen – in diesem Fall die Polen als die größte Immigrant*innengruppe der letzten 10 Jahre – befördern können und damit in der Abwesenheit von nuancierter Analyse und Berichterstattung in kürzester Zeit nicht nur zu einem politischen Instrument werden, sondern auch das Fundament einer seit langem bestehenden Einwanderungsgesellschaft in Frage stellen können.
- Die Entwicklungen in der Türkei, die die Bevölkerung mit türkischem Migrationshintergrund u.a. in Berlin mobilisiert haben und politische und andere „cleavages“ sichtbar werden lassen.
Wissenschaftlich knüpft das Projekt an die Transnationalismusdebatte in der sozialwissenschaftlichen Migrationsforschung an. Die Gleichzeitigkeit der Verflechtungen in Richtung des ursprünglichen Heimatlandes und des Einwanderungslandes ist in der neueren Forschung betont worden. Als Realität des migrantischen Alltags von Einzelpersonen und Untergruppen der oftmals als zu homogen dargestellten Einwanderergruppen ist sie bisher empirisch unzulänglich erforscht worden. Insbesondere die durch Medien und persönliche Netzwerke gefilterte Resonanz von politischen Ereignissen und Krisen im Heimatland innerhalb einer unter einem ethnischen Vorzeichen verorteten „Gruppe“ von Migrant*innen und die Auswirkungen auf die Beziehungen zu Migrant*innen anderer „Gruppen“ bedürfen einer genaueren Analyse. Die Pilotstudie arbeitet mit qualitativen Methoden (Fokusgruppen mit russischsprachigen, ukrainischen und polnischen MigrantInnen und narrative Interviews mit Migrant*innen der drei „Gruppen“). Ein Folgeprojekt könnte diese Kombination qualitativer Methoden auf andere Städte in Deutschland ausweiten sowie die Ergebnisse der Berlin-Studie als Grundlage für die Entwicklung einer quantitativen Umfrage (in Berlin oder bundesweit) nutzen.