Jenseits der Energie-Renten: Wachstumsstrategien und Wohlfahrtsreformen in Russland
Jenseits der Energie-Renten: Wachstumsstrategien und Wohlfahrtsreformen in Russland
Katharina Bluhm, Freie Universität Berlin
Ewa Dąbrowska, Freie Universität Berlin
In diesem Kapitel wird die Wechselwirkung zwischen den russischen Wachstumsstrategien, die als eine Kette von (Nicht-)Entscheidungen politischer und wirtschaftlicher Akteure verstanden werden, und den Reformen des Wohlfahrtsstaates analysiert. Es konzentriert sich auf den Zeitraum seit 2000, stellt die jüngsten Entwicklungen jedoch in einen breiteren historischen Kontext. Die Autoren argumentieren, dass es dem russischen Wahlautoritarismus nicht gelungen ist, ein effektives Wachstumssystem jenseits der Energieeinnahmen zu etablieren. Der Ressourcensektor und insbesondere der Ölsektor sind für einen Großteil des russischen Wachstums verantwortlich. Die Öleinnahmen werden zur Finanzierung von Haushaltsausgaben, staatlichen Investitionen und als Reserve für ölpreisbedingte Krisen verwendet, reichen aber nicht aus, um das Wachstum zu stimulieren, da die Regierungsinstitutionen oft ineffizient sind, die Wirtschaft von Oligarchen dominiert wird, die Löhne relativ niedrig sind und Innovation aufgrund unsicherer Eigentumsrechte und systemischer Korruption gering ist. Dennoch hat Putins Regierung neben diesem ineffektiven ölbasierten Wachstumsregime ein ölbasiertes sozioökonomisches Regime um föderale Finanzinstitutionen, staatliche Holdings und staatliche Banken aufgebaut, das in der Lage ist, wiederkehrende Krisen zu bewältigen. Dieses Regime entstand teils absichtlich, teils aufgrund der nicht beabsichtigten Auswirkungen von Reformen und Machtkämpfen. Nicht das Wirtschaftswachstum als solches, sondern die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen und die politische Unterstützung für Putin bestimmen die Funktionsweise eines solchen Regimes. Eine Reihe von sozialpolitischen Maßnahmen ist integraler Bestandteil dieses Regimes.
ZOiS Forschungskolloquium
Im Wintersemester 2021/2022 lädt das Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) in Kooperation mit der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin und der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) wieder zu einem multidisziplinären Forschungskolloquium ein. Das Kolloquium versteht sich als Diskussionsforum für work-in-progress von Promovierenden, Postdocs und etablierten Wissenschaftler*innen, deren sozialwissenschaftliche Arbeit einen Osteuropabezug hat. Das Ziel ist es, mit diesem Kolloquium im Raum Berlin-Brandenburg einen beständigen Treffpunkt in der Osteuropaforschung zu etablieren. Das Forschungskolloquium findet jeden zweiten Mittwoch im Monat im Semester im Online-Format um 18.00 Uhr statt
Bitte melden Sie sich bei Interesse bei Anja Krüger (events(at)zois-berlin(dot)de) an.
Organisator*innen:
- Prof. Dr. Gwendolyn Sasse, Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien
- Prof. Dr. Katharina Bluhm, Freie Universität Berlin
- Prof. Dr. Sabine Kropp, Freie Universität Berlin
- Prof. Dr. Silvia von Steinsdorff, Humboldt-Universität zu Berlin
- Prof. Dr. Timm Beichelt, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Kontakt
Anja Krüger
Kommunikationskoordinatorin
events(at)zois-berlin.de